Montag, 28. Januar 2013

Offener Brief einer Irakerin an die Amerikaner

Seit längerem finden im Irak Protestkundgebungen gegen die Maliki-Regierung statt. Sie demonstrieren gegen die unhaltbaren Zustände, gegen den Mangel einer funktionierende Infrastruktur, gegen den Ausschluss aus dem politischen Mitspracherecht, gegen die Unsicherheit und gegen den täglichen Terror. 



Die irakische Regierung sagt wiederum, die Demonstranten werden vom Ausland gesteuert und gegen die Regierung aufgehetzt. Tatsache ist, in den letzten Tagen sind zahlreiche Menschen bei Demos von Soldaten erschossen worden. Darüber wird in den westlichen Medien kaum berichtet, denn der Irak ist ja vom Westen befreit worden, hat eine vom Westen genehmigte Regierung und negative Meldungen passen nicht ins Bild. Dies als Hintergrundinformation. Wenn im Irak Demonstraten erschossen werden (keine Medienberichte) dann ist das was ganz anderes als wenn es in Syrien passiert (Medien überschlagen sich). 

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Also, ihr habt den Ozean mit Tausenden Soldaten überquert, die grösste Truppenbewegung seit dem II. Weltkrieg, um uns von einer "Diktatur" zu "befreien" ... und was für eine Befreiung ist es geworden, oder noch ist ...

Ich sagte zu mir selber, ich werde nichts mehr schreiben. Es ist sinnlos - Tausende vegetieren in geheimen Kerkern, werden gefoltert, vergewaltigt und getötet ... in euren Augen die neue Demokratie, euer Model für den Rest der arabischen Welt. Ihr habt nicht dabei mit den Augen geblinkt ... ihr habt absolut nichts fundamental falsch an all dem gesehen ... das Leben geht für euch weiter, so wie in der Vergangenheit, so wie in der Zukunft ... wen kümmerts? ... euch nicht ... sicher auch nicht den anderen Arabern und ganz sicher nicht den widerwärtigen sektiererischen Hunden die ihr installiert habt ... in eurer Modelldemokratie.

Wir sollten euch in höchsten Tönen loben für eure noblen Bemühungen ... noblen Handlungen von sehr noblen Menschen ... wir geniessen eure Modelldemokratie .. den Duft der Freiheit gibt uns immer noch eine Gänsehaut der Ekstase ... wer hätte gedacht, wir werden jetzt so frei atmen, nicht in unseren wildesten Träumen.

Heute haben wir eure Modelldemokratie ausprobiert und geschmeckt - so wie wir es seit 2003 tun - Tausende unbewaffnete Zivilisten gingen auf die Strasse in ganz Irak - in Kirkuk, in Mosul, in Ramadi, in Fallujah, in Bagdad ... es ist die Geburt der "No Retreat" Proteste (kein Nachgeben).

Sie finden schon seit einiger Zeit statt mit sehr geringer Medienberichterstattung ... ich verstehe, es ist nicht in eurem Interesse solche Proteste aus eurer Modelldemokratie zu zeigen ... vergangene Woche sind vier junge Männer vor der Abu Hanifa Moschee in Adhamiya in Bagdad getötet worden. Niemand sagte ein Wort darüber. Sie wurden von der "frei gewählten Regierung" des neuen Irak getötet. Los, lasst uns euer Lachen sehen, oder wenigstens ein Grinsen? Nein? Wie wäre es mit dem folgenden dann ...

In diesem Video schiessen die "irakischen" Soldaten auf Demonstranten, die "das ist ein friedlicher Protest" rufen.


Immer noch nichts? Ok, lass uns was anderes versuchen. Wie wäre es mit folgendem ... heute wurden in Fallujah 10 unbewaffnete Zivilisten von eurer Modelldemokratie erschossen, 70 wurden verwundet ... einer davon ist Omar Ali Al-Ani aus Fallujah. Hier ist seine Facebook-Seite.

Hier ein Video wie er tot im Spital in Fallujah liegt.


Und hier eine Liste von Namen der getöteten und verwundeten.


Nicht das es irgendeinen Unterschied für euch macht, wie auch nicht in der Vergangenheit ... trotzdem fühle ich die Notwendigkeit es festzuhalten, um sie zu ehren, wie diejenigen die vor ihnen gingen, und als Erinnerung für mich und vielleicht auch für euch, dass unsere Befreiung noch nicht vorbei ist ...

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Dieser offene Brief einer Irakerin bestätigt was ich schon lange sage, wo immer die Amerikaner oder der Westen generell ein Land "befreien", werden die Zustände noch schlimmer als sie vorher waren. Nicht nur ist das ganze Land durch die Luftangriffe und dem Bodenkrieg völlig zerstört, sondern auch das Regime, welches den "Beglückten" aufs Auge gedrückt wird, ist nicht viel besser als das von dem sie "befreit" wurden. 

"Regimewechsel" bedeutet in Tatsache nur, eine Diktatur die nicht den Befehlen von Washington gehorcht durch eine zu ersetzen die es tut. Von Demokratie keine Spur. Nur Gutmenschen, die alles was die Medien erzählen schlucken, meinen wir tun was gutes mit den Angriffskriegen. Es ist so in Afghanistan, in Libyen, in Syrien und aktuell in Mali. Unsere Regierungen sind die wirklichen Terroristen auf dieser Welt. Sie töten Millionen, hinterlassen nur verbrannte Erde und erzählen uns dazu wie "menschlich" ihr Handeln ist.