Betr.: „Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 17.12.: "Obamas "Nie wieder" ist nur vage Verheißung" von Christian Wernicke, SZ-Leitartikel vom 18.12: "Angriff auf die Wagenburg" von Stefan Kornelius“
Stellungnahme von
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D., 18./19.12.2012
Christian Wernicke und Stefan Kornelius sollten ihre richtigen Überlegungen nicht begrenzen, sondern ausdehnen, und zwar auf die aktuelle Dimension der zahlreichen Opfer einer kriminellen Gewalt-Politik, die neben anderen Motiven auf Druck der Rüstungslobby zustande gekommen ist. Tausende Kinder mussten im Irak, in Afghanistan, Libyen, Syrien und in anderen Ländern sterben, und zwar aufgrund einer aggressiven gewaltsamen USA/EU-Außenpolitik. Alle Kinder und Menschen aus allen Kontinenten der Welt sind gleichwertig, seien sie Amerikaner, Afrikaner, Asiaten oder Latinos. Sie sind alle gleichwertig als Geschöpfe mit der höchsten Würde auf dieser Erde, denn sie sind alle Menschen. Die auf Emotion und Sensation setzende mediale Verbreitung über die entsetzliche Tötung von Kindern in Amerika steht in keinem Verhältnis zu der Berichterstattung über das konstante Morden in Syrien, das dieselbe Unterlassungspolitik von Obama und europäischen Kanzleien zu verantworten hat. Die Rüstungslobby darf nicht unantastbar sein, weil sie verdeckt in Kanzleien sowohl in Washington wie in Europa eine kriminelle Politik mitbestimmt und mittut, eine zivilisierte Politik ohne Waffengewalt zu verhindern.
Präsident Obama sieht zu Recht, Amerika müsse sich ändern. Aber das trifft auch für seine westlichen Verbündeten zu. Europäische Regierungen sehen anscheinend nicht die Notwendigkeit, sich zu ändern, weil sie den täglichen Mord im Ausland als Routine hinnehmen, und monströs, wie es ist, haben sie sich an Tötung und Mord gewöhnt, was sie zu verantworten haben. Die Wahrheit ist, sowohl die USA als auch Europa haben schreckliche Dinge getan. Die außenpolitischen Handlungen des Westens sind durchdrungen von ungeheuerlicher Verderbtheit. Der Westen setzt durch seine zerstörerische Waffengewalt viele Teile der Welt in Trümmern und weist immer die Schuld auf andere, um sich seiner Verantwortung zu entziehen.
"Ungeheuerlich sind die Kriegslügen, die Washington zur Rechtfertigung seiner kriminellen Angriffskriege in die Welt setzt, wie jene über die bis heute nicht aufgetauchten irakischen Massenvernichtungswaffen. Ungeheuerlich ist auch die amerikanische Kriegsführung, die zu einem großen Teil auf dem Einsatz international geächteter Waffen beruht." "Dass die militärische Zusammenrottung der Westmächte im Grenzgebiet zu Syrien dem Schutz der Türkei vor Aggressionshandlungen der Assad-Truppen dienen soll, glauben wohl nicht einmal die dümmsten Nachbeter westlicher Propagandalügen." (Aus dem Leitartikel "Zusammenrottung" von Werner Pirker, Junge Welt vom 15.12.)
Genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, das umfassende Problem anzusprechen. Die brutale Hinrichtung von 20 Kindern und sechs Erziehern in Newton müssen nicht nur die amerikanische Gesellschaft, sondern auch die europäische Gesellschaft dazu bewegen, wirklich und ernsthaft zu handeln und eine grundsätzliche Kurskorrektur international vorzunehmen. Doch gibt es in Amerika die Republikaner, die jede Veränderung ablehnen. Solcher Rechtsradikalismus befindet sich aber auch in deutschen Regierungsparteien, in CDU, CSU und FDP, wo die Waffenlobby, die Rüstungslobby starken Einfluss hat und zu neuen Interventionen und Massakern im Ausland ermuntert und die Normalisierung der internationalen Politik verhindert, wobei tausende Opfer unschuldiger Kinder ausgeblendet bleiben.
Die Süddeutsche Zeitung mit Sitz in München muss es am besten wissen. Doch die Stunde ist gekommen, sich dieser dominanten tödlichen Einflussnahme zu widersetzen und für die Menschlichkeit mit Zivil-Courage zu kämpfen.
Unter dem Druck der Rüstungslobby hat sich Deutschland gesetzwidrig in das drittgrößte Rüstungsexportland der Welt verwandelt und ist den verheerenden Weg der Militarisierung der Politik gegangen, indem es dafür sorgt, zusammen mit anderen europäischen Ländern, Terror-Banden in Syrien zu bewaffnen, zu finanzieren und einen politischen Ausweg zu blockieren. Das deutsche Außenministerium unter dem Außenminister Guido Westerwelle hat sich blamabel für diese schändliche "Politik" ausgezeichnet. Da entwickelt sich eine verhängnisvolle Verquickung zwischen Politik und Verbrechen, eine Kette von Attentaten durch Auto-Bombenexplosionen, Granatenbeschuss und andere Terrorakte, ein abstoßender Zustand, der höchst dringlich einen grundsätzlichen Wandel im Westen erfordert. Die überwältigende Mehrheit der europäischen Bevölkerung will dezidiert diesen Wandel. Keine Region der Welt darf länger Opfer sein eines selbstsüchtigen Westens mit seiner Arroganz und Gefühllosigkeit. Moralfeldzüge führen zu nichts. Sie polarisieren und pervertieren das Denken und die politischen Lager, fördern den Fundamentalismus im Westen und bereiten den Boden für kriminelle Untaten. Schräge Figuren aus allen Ecken zeigen sich ohne Scham in diesem fanatischen Moralfeldzug. Zwei deutsche Publizisten, ein umstrittener Martin Walser und ein eitler Greis, Alfred Grosser, entblößen ihre inhumane, abartige Gedankenwelt vor der Öffentlichkeit ohne jede Hemmung und im Extrem. Ihr schmachvoller Text vom 7.12., der eine Kultur des Todes widerspiegelt und zum blanken Mord aufstachelt, schockiert jeden, der sich noch einen Sinn für Menschlichkeit und Anständigkeit bewahrt. Beide irreführenden schiefen Autoren, die offensichtlich zu NATO-Werkzeugen verkommen sind, repräsentieren jedoch nicht die Intellektualität und die Öffentlichkeit in Deutschland, sondern ihre eigene humane Misere. Allerdings sind ihre widerwärtigen skandalösen Äußerungen weitere Alarmzeichen für den geistigen Verfall der europäischen Gesellschaft, die sich von Grund auf ändern müsste.
"Die Kämpfe in Syrien könnten an Härte zunehmen. Zehntausende, vielleicht Hunderttausende Zivilisten könnten ihr Leben verlieren", hat der russische Vizeaußenminister Michail Bogdanow gewarnt. Welche Staaten akzeptieren diesen Preis für den Sturz des syrischen Präsidenten? Für Russland und andere normale Länder sei das absolut inakzeptabel. Moskau habe immer auf einer politischen Lösung beharrt, daran habe sich nichts geändert, hört man von dem außenpolitischen Sprecher des russischen Außenministeriums. Was hört man aus Deutschland?
Ist es normal, dass die deutsche Regierung weiter an einer Politik von Mord und Zerstörung festhält zugunsten der Rüstungslobby? Diese Radikalisierung der Politik ist besorgniserregend in Europa, in Deutschland. Eine harte politische Auseinandersetzung ist erforderlich, denn es geht um eine Zivilisierung der Politik, die für die Zukunft der Menschheit entscheidend ist. Was wir erleben, ist die Barbarisierung der internationalen Beziehungen unter der Regie von westlichen Ländern wie Deutschland unter anderen. Stefan Kornelius sollte sich mit diesem Problem gründlich befassen, weil die Massaker von Kindern nicht in Newton enden, sondern weiter in Syrien erfolgen und dabei von den Medien fast gar keine menschliche Beachtung finden, sondern im Gegenteil finden ihre Urheber, die aufständischen Terrorbanden, sogar noch Verständnis und Ansporn in ihnen.
Selbstverständlich machen sich nicht nur der US-Präsident Obama, sondern auch europäische Staatsoberhäupter und sämtliche Politiker schuldig, wenn sie nicht gegen die Rüstungslobby dezidiert vorgehen, und zwar durch eine vernünftige Abrüstungs- und Konversionspolitik. Wohin die Bewaffnung und Finanzierung der Bewaffneten in Syrien führt, sehen wir täglich an den Morden unschuldiger Kinder und unbescholtener Erwachsener in Syrien. Diese Dimension sollte nicht der Aufmerksamkeit von sensiblen Journalisten wie Christian Wernicke und Stefan Kornelius entgehen.